Im Jahr 994 wurde das Kloster Seeon durch den Pfalzgrafen Aribo gegründet und an die Benediktinermönche übergeben. Inmitten einer von der Eiszeit geschaffenen Landschaft bewirtschafteten sie nun ihre Äcker oder Viehweiden und betrieben Fischzucht in den Seen. Durch das Zusammenleben von Mensch und Natur entwickelte sich im Lauf der Zeit eine extensiv genutzte, artenreiche Kulturlandschaft. Mehrere Jahrhunderte lang war Seeon ein pulsierendes Zentrum des Klosterlebens, auf halbem Weg zwischen Salzburg und Freising gelegen. Mozart besuchte es mehrmals und komponierte hier 1767 als Fünfzehnjähriger für das Benedictusfest des Offertorium "Scande coeli limina". 1769 folgte sein "Internatos molierum". Die Benediktiner entwickelten eine bedeutsame Schreibschule, in der nicht nur Handschriften für den eigenen Bedarf, sondern auch für andere Klöster u. Kirchen angefertigt wurden. Bedeutendster Auftraggeber war Kaiser Heinrich II., der einen Teil der Bücher dem von ihm gegründeten Bistum Bamberg schenkte. Im Zuge der Säkularisation wurde das Kloster schließlich im Jahr 1803 aufgelöst. Ursprünglich lag das Kloster auf einer Insel, erst Anfang des 19. Jahrhunderts wurde diese durch einen Damm mit dem Ufer verbunden. Damals verzeichnete man auch die ersten Vorläufer des heutigen Fremdenverkehrs an den Seeoner Seen. Die Besitzer wechselten in der Folge mehrmals und der ehemals zusammenhängende Grundbesitz zersplitterte mehr und mehr, so diente es dem europäischen Hochadel, Herzogfamilien und Geschäftsleuten als Unterkunft, wurde als Heilbad und Erholungsheim genutzt, war im 3. Reich SA-Schule und nach dem 2. Weltkrieg Lazarett und Flüchtlingslager. Heute ist das Kloster Seeon im Besitz des Bezirks Oberbayern und bietet als Kultur- und Bildungszentrum regelmäßige Ausstellungen und Konzerte an. Das Kloster ist eines der schönsten historischen Ensembles im Chiemgau mit romanischen, gotischen und barocken Elementen. Die besondere Lage auf der Insel des Naturschutzgebietes im Klostersee macht dabei einen besonderen Reiz aus.
Klosterweg 1 | 83370 Seeon
Zu Beginn hatte das Kloster Seeon nur bescheidene Unterkünfte für die Mönche und eine kleine Kirche. Gegen Ende des 11. Jahrhunderts entstand ein Neubau des Klosters im romanischen Stil. Dieser Bau stand jedoch nur ein knappes Jahrhundert, und um 1180 errichtete man die im Wesentlichen noch heute bestehende Kirche St. Lambert mit einer Apsis als Abschluss im Osten. Erneut umgebaut wurde die Kirche dann Anfang des 15. Jahrhunderts von Konrad Pürkhel. Einzigartig ist die Ausmalung der Kirche mit den Renaissancefresken von 1579. Sehenswert ist auch der Grabstein aus Rotmarmor von Abt Hornorat Kolb sowie die in der Burgkapelle an den Wänden aufgereihten Grabsteine der Äbte aus dem 15. und 16. Jahrhundert. In der Mitte des Raumes steht das Stifterhochgrab des Pfalzgrafen Aribo I.. Diese meisterhafte Arbeit wird Hans Heider um 1400 zugeschrieben. Zu besichtigen ist auch der Klosterkreuzgang. Das Original der berühmten "Madonna mit Kind", im Jahr 1433 vom sogenannten "Meister von Seeon" geschaffen, gilt als eine der schönsten Darstellungen Mariens mit dem Kind aus der Zeit des weichen Stils im Salzburger Kunstkreis. Sie ist seit 1855 im Nationalmuseum in München zu bewundern. Eine Kopie steht seit 1947 im Hochaltar der Pfarrkirche Seeon.
Klosterweg 1 | 83370 Seeon
Die ehemalige Abtskapelle St. Nikolaus wurde 1757 erbaut und ist das Kleinod des Klosters. Die Stukkaturen stammen vom bedeutenden Stukkateur des süddeutschen Rokoko, Johann Michael Feichtmayer aus der Wessobrunner Schule. Die Fresken werden Joseph Hartman aus Augsburg zugeschrieben. Da sich die Kapelle im inneren Bereich des Klosters Seeon befindet, ist sie allerdings nicht öffentlich zugänglich.
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Ein Kleinod besonderer Art ist die Kirche St. Walburgis (oder auch St. Walburg oder Walburgiskapelle) am Seeoner Klostersee. Sie erinnert an die zahlreichen Frauen, die hier im einstigen Nonnenkloster vor Hunderten von Jahren selbstbewusst lebten. Ursprünglich Klosterkirche der Benediktinerinnen im 11. bis 13. Jahrhundert wurde die Kirche um 1470 über romanischen Grundmauern des Vorgängerbaus errichtet und 1481 zur Pfarrkirche erklärt. Anstelle der romanischen Apsis wurde im 15. Jahrhundert der bestehende Chor eingebaut. Die Flachdecke über dem Langhaus wurde nach einem Brand 1561 durch ein Tonnengewölbe mit Stichkappen ersetzt. Vermutlich zur gleichen Zeit wurde die gemauerte Empore eingebracht. Sehenswert sind die freigelegten und teils rekonstruierten Malereien des späten 16. Jahrhunderts. Der Friedhof um die Kirche diente der russischen Adelsfamilie von Leuchtberg als Begräbnisstätte mit dem charakteristischen russisch-orthodoxen Ritus. Unter den Bestatteten befindet sich auch Pater Johann Baptist (1746-1821), ein Kindheitsfreund W. A. Mozarts bei dessen Besuchen in Seeon, der ihm als Fünfzehnjähriger zu seinem Namenstag das Stück "Inter natos mulierum" widmete. Die wohl prominenteste Tote ist jedoch Anastasia Manahan (1896-1984), die vorgeblich letzte Zarentochter, besser bekannt als Anna Anderson, die sich 1927 für mehrere Monate in Seeon aufhielt, zuletzt in Amerika lebte und in Seeon ihre letzte Ruhestätte fand.
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Das Projekt Laudemium von Ute Lechner und Hans Thurner war im Jahr 2000 die dominante Ausstellung im Kloster Seeon. Dabei wurde die frühere Abhängigkeit des heutigen Thurner-Anwesens vom Benediktiner-Kloster Seeon historisch aufgearbeitet und künstlerisch dargestellt. 55 um das Kloster angeordnete Karren mit in Bronze gegossenen Abgaben ("Laudemium") gaben Zeugnis über die Zeit der Säkularisation. Die sechs noch vorhandenen Karren stehen mit den Kruzifixen für Volksfrömmigkeit, mit dem Buch und den Lettern für die berühmte Buchkunst im früheren Kloster Seeon, mit Wein und Fisch für Naturalabgaben, dem Totenschädel für den Gang der Dinge mit Leben und Tod, sowie den Hühner wieder für Naturalabgaben. Der leere Karren mit der Jahreszahl 1804 steht für die Säkularisation und das Ende der Abgaben und Abhängigkeiten von den Klöstern allgemein. Jedoch folgten mit der Zeit andere Abgaben in Form von Steuern.
Auf der Insel im Klostersee, auf der das Kloster Seeon gebaut ist, befinden sich im Außenbereich frei zugänglich eine ganze Reihe von Skulpturen unterschiedlichster Bildhauer und Künstler. Immer wieder trifft man aber, auch im weiteren Umfeld, auf die unverwechselbaren Figuren von Prof. Heinrich Kirchner. Heinrich Kirchner wurde am 12. Mai 1902 in Erlangen geboren. Nach dem Abitur schrieb sich Kirchner 1923 bis 2924 an der Universität Erlangen zunächst für das Fach Kunstgeschichte ein. Sein eigentliches Ziel war ein Studium an der Münchner Kunstakademie, was von den Eltern aber abgelehnt wurde. Im zweiten Anlauf gelang 1924 die Aufnahme in die Bildhauerklasse von Professor Helmut Hahn. Kirchner absolvierte, dem Wunsch seiner Eltern folgend, eine "ordentliche Ausbildung" zum Zeichenlehrer, die er 1931 an der TU München auch erfolgreich abschloss. Er studierte 1926/1927 an der École des Beaux-Arts und an der Académie Julian in Paris. 1931 folgte ein halbjähriger Studienaufenthalt in Italien. Nach seinem Studium bekam Kirchner 1932 eine Anstellung als Erzgießer in der Gießwerkstatt der Akademie in München. Nach Einberufung zum Kriegsdienst nahm er sein künstlerisches Schaffen ab 1948 in vollem Umfang wieder auf. 1950 erhielt Kirchner den Kunstpreis der Stadt München, 1952 den ersten Preis der Bildhauerausstellung in Düsseldorf. Im selben Jahr übernahm er eine Professur an der Akademie der Bildenden Künste in München, wo er eine eigene Bildhauerklasse leitete. 1970 beendete Kirchner schließlich seine Lehrtätigkeit, nachdem er 1953 Mitglied der Akademie München und drei Jahre später der Akademie der Künste in Berlin wurde. Heinrich Kirchner kaufte 1970 nach seiner Emeritierung den alten, lange vernachlässigten Fischerhof in Pavolding. Der Hof, der ehemals zum Kloster Seeon gehörte, wurde von Kirchner in mehrjäriger Arbeit renoviert, ausgebaut und schließlich bezogen. Er richtete dort auch ein Atelier ein.